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Taijiquan ist eine innere Kampfkunst und kein Kampfsport

Geht der große SINN zugrunde,
so gibt es Sittlichkeit und Pflicht.
Kommen Klugheit und Wissen auf,
so gibt es die großen Lügen.
Werden die Verwandten uneins,
so gibt es Kindespflicht und Liebe.
Geraten die Staaten in Verwirrung,
so gibt es die treuen Beamten.
aus Tao te king 18

Es ist schon seltsam, wenn ein Tai Chi Kurs angeboten wird und in der Beschreibung liest man, dass Taijiquan ein Kampfsport ist. Seltsam und auch ein wenig ärgerlich, denn müssen die Lehrer denn keine Ausbildung absolvieren, wo Sie zumindest erfahren, was Tai Chi Chuan ist?
Vielleicht wäre doch in Tai Chi auch ein Graduierungssystem angebracht, siehe Taijiquan Lehrer und ihre Ausbildung, wo man dann bei der gelben Gürtelprüfung verlangen könnte, dass der Schüler weiß, was er gerade lernt.
Ich stelle mir gerade einen Plan für den Herbst zusammen und suche noch einen Qigong oder Tai Chi Kurs, den ich gemeinsam mit meiner Tochter besuchen kann. Dabei kommt nur Montag und Freitag in Frage, denn Dienstag habe ich Aikido vor, Mittwoch und Donnerstag sind auch schon verplant und der Kurs darf höchstens bis 20 Uhr dauern. Es soll kein Einführungskurs für ganz unerfahrene Anfänger sein, da sie schon ein Jahr Erfahrung gesammelt hat, sowohl in Qigong, als auch in Taijiquan. Noch dazu soll der Kurs für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen geeignet sein. Daher durchsuche ich gerade die Angebote und lese dort und da, dass ein Tai Chi Kurs angeboten wird, wobei Tai Chi Quan als Mischung zwischen chinesischem “Kampfsport!” und chinesischen Bewegungsformen beschrieben wird.

Egal auf welcher seriösen Quelle man nachlesen will, man wird immer ähnliche Beschreibungen finden wie hier, im Lexikon von Shambhala:

Taijiquan ist eine Lebens und Kampfkunst und wird bei uns im Shambhala seit der Gründung, also seit 1984 unterrichtet. Es ist die Kunst Yin und Yang in Balance zu bringen, die Kunst, Körper, Energie und Geist zu nähren und zu harmonisieren. Genauer heißt das, zu lernen, sowie dem eigenen Körper eine neue Struktur und Aufrichtung zu geben sowie Spannungen und Blockaden abzubauen. Dadurch kann Lebensenergie (Qi) ….
Die ganze Originalbeschreibung zu diesem Zitat finden sie hier Taijiquan

Dort findet man übrigens auch sehr schön geschriebene Abhandlungen zu Taijiquan in pdf-Form von Niki Deistler und Chaitanya Franz Pölzl.

Wenn in Beschreibungen der Kurse auf vhs.at Textstellen vorkommen wie:

Taiji Quan oder chinesisches Schattenboxen genannt, ist eine im Kaiserreich China entwickelte innere Kampfkunst. ….
Tai ji entwickelt innere Kraft und Harmonie, duch die Koordination von Geist und Körper. Die weichen, langsamen und ruhigen Bewegungen stehen im Einklang mit geistiger Konzentration und dem Atem und dienen der Gesundheit…
Taiji Quan ist eine innere Form der chinesischen Kampf- und Bewegungskunst, die die Koordination und Entspannung von Geist und Körper übt. Taiji Quan wird in einer Abfolge langsamer, runder Bewegungen praktiziert…..

kann ich damit einverstanden sein, aber bitte nicht Kampfsport!

Ich zitiere aus Wikipedia:

In Fachkreisen wird meistens eine genauere Differenzierung zwischen Kampfsport und Kampfkunst verwendet. Im Kampfsport steht demnach der reglementierte sportliche Wettkampf im Vordergrund, bei dem es darum geht, im Rahmen der Regeln zu gewinnen und besser zu sein als der Gegner. In den meisten Kampfsportarten werden keine Waffen verwendet, und wenn doch, dann nur Sportwaffen, die die Verletzungsgefahr verringern. Wettbewerbe im Kampfsport sind in der Regel Zweikämpfe, jedoch sind auch andere Wettbewerbsformen möglich.

Eine Kampfkunst hingegen befasst sich in der Regel mit Selbstverteidigung und dem Verhalten in echten, unreglementierten Gefahren- oder Konfliktsituationen. Daher enthält jede Kampfkunst Kampftechniken, die zum Ziel haben, einen Gegner zu besiegen, häufig auch unter der Verwendung von Waffen. Darüber hinaus gehören zu einer Kampfkunst häufig andere Aspekte, wie beispielsweise die Vermeidung von Konflikten im Vorfeld, die generelle Erhöhung der Beweglichkeit, Kraft, Geschwindigkeit oder Selbstdisziplin. Manche Kampfkunstsysteme, vor allem aus dem asiatischen Umfeld, sehen sich als vollständiges System der Lebensgestaltung oder Vervollkommnung mit entsprechendem philosophischem oder religiösem Unterbau, wie beispielsweise das japanische Budo. Vor allem heutzutage treten dabei die eigentlichen Kampftechniken bisweilen sogar in den Hintergrund oder werden nur als Weg zum eigentlichen Ziel verstanden. Wettbewerbe in den Kampfkünsten sind in der Regel keine Zweikämpfe….

Man findet dort auch eine schöne Tabelle zur Unterscheidung zwischen Kampfkunst und Kampfsport.

Ich finde, nur weil bei der englisch sprechenden Bevölkerung alles was mit Kampf zu tun hat “material arts” also eine Kunst ist, so muss bei uns deshalb nicht alles was mit Kampf zu tun hat, ein Sport sein.

Ja und weil die Kampfkünstler seit aufkommen der Schusswaffen quasi arbeitslos sind, hat sich diese Kunst erfreulicher weise zu einer Lebensform entwickelt, die Gesundheit, Lebensverlängerung (ich meine jetzt nicht den Sieg im Kampf (;-) ) und spirituelle Komponenten in den Vordergrund stellen kann, trotzdem ist und bleibt es eine Kampfkunst.
Moderne Formen sind da eventuell gesondert zu betrachten, doch von Kampfsport kann auch hier keine Rede sein. Ich verstehe unter moderne Formen:

  1. die 37er Kurzform nach Zhèng Mànqīng 鄭曼青 1901-1975
  2. die Beijing 24 Form nach Chinesischer Sport Kommission 1956
  3. und die 42 Competition Form (Wushu competition form combined from Sun, Wu, Chen, and Yang style; 1989)

Alle drei Formen können zwar von Yang Chengfu abgeleitet werden, aber:

Aus Wikipedia: Zheng Manqings Person und sein Stil geraten immer wieder in die Kritik. Seine Kurzform wird von der offiziellen Yang-Familienlinie nicht anerkannt. Anhänger seiner Person und seines Stils vertreten die Meinung, dass „gutes Taijiquan“ nur durch überprüfbare Fähigkeiten (wie z.B. im Tuishou) bewiesen werden könne und die Form nur „die Angel, um den Fisch zu fangen“ ist, also das Mittel zum Zweck, die Prinzipien des Taijiquan zu verstehen und umsetzen zu können.

In “Ji Ben Gong” von Niki Deistler wird “Der Weg der Kampfkunst” sehr ausführlich beschrieben. Dabei geht er auch näher ein auf “Wu” und “Wen”, die inneren und äußeren Kampfkünste.

Ich möchte hier für traditionelle Kampfkünste nur folgendes fordern:
Sie müssen in folgenden Kategorien Techniken vorweisen können:

  1. Schläge und Stöße (Armtechniken …)
  2. Tritte und Beintechnik (Feger, Blocks….)
  3. Wrestling, Würfe
  4. Hebeltechniken, Sperren, Griffe
  5. Waffen

In Tai Chi gehören unter dem zuletzt genannten Punkt zumindest nach Taijiquan (Wikipedia):
* Das gerade, zweischneidige, einhändige chinesische Schwert (Schwert)
* Der chinesische Säbel (Dao)
* Der Fächer
* Der Kurzstock (Qi Mei Gun)
* Der Langstock (Gun)
* Der 3m Langstock (Dagan)
* Der Speer (Qian)
* Die chinesische Hellebarde (Guan Dao)

Mir gefällt aber eine ganz andere Beschreibung am besten:
“Taijiquan ist das Gebet der Taoisten.”

Daher ist dieser Artikel auch von Laotse umschlossen.

Tut ab die Heiligkeit, werft weg das Wissen,
so wird das Volk hundertfach gewinnen.
Tut ab die Sittlichkeit, werft weg die Pflicht,
so wird das Volk zurückkehren zu Kindespflicht und Liebe.
Tut ab die Geschicklichkeit, werft weg den Gewinn,
so wird es Diebe und Räuber nicht mehr geben.
In diesen drei Stücken ist der schöne Schein nicht ausreichend.
Darum sorgt, daß die Menschen sich an etwas halten können.
Zeigt Einfachheit, haltet fest die Lauterkeit!
Mindert Selbstsucht, verringert die Begierden!
Gebt auf die Gelehrsamkeit!
So werdet ihr frei von Sorgen.
aus Tao te king 19

Weblinks:
Ursprung des Tai Chi Chuan (TCC)
Taiji.de
Die Geschichte dcs Taijiquan

32-33) Schöne Frau am Webstuhl

Zurück zur 37er Form im Yang Style nach Cheng Man Ching.

Nachdem ich heute auf meiner Tai Chi Wiese wieder ein Problem mit der “schönen Frau am Webstuhl” hatte, werde ich dieses Bild nun einmal zu beschreiben versuchen.
Ich hatte wieder herrliches, sonniges Wetter, nur der Wind sorgte für eine Akazienblütendusche während meinen Übungen zur gewohnten Zeit, zwischen 8 und 9 Uhr.

Manchmal fühle ich mich während der Ausführung der Form leicht wie eine Feder und die Bewegungen kommen mir harmonisch und fließend vor, aber heute hatte ich ein Gefühl, als stünde ich mit einer Ritterrüstung bekleidet in dickflüssigem Beton, der gerade hart wird. Schon bei den 5 Vorübungen (Shen Xin Xie Tiao Fa) fühlte ich eine starke Verwurzelung und bleierne Schwere. Als ich dann dachte, jetzt kommt die “schöne Frau”, war es um meine Konzentration geschehen. Ich merke mir diese Figur vielleicht am besten einfach unter den Namen “Webstuhl”, denn schöne Frauen verwirren mich einfach zu sehr. 😉

Die schöne Frau am Webstuhl

Sie wird 4 mal ausgeführt, jeweils in die vier diagonalen Ecken.
Zuerst Richtung Nordost (NE2):
1.) Von der einfachen Peitsche ausgehend setzt man sich vom vorderen linken Fuß zurück, weg von der linken Hand – der linke Fuß wird eingedreht und der linke Arm sinkt nach unten. Das Gewicht dann auf das linke Bein verlagern und den rechten Fuß auf der Zehenspitze ausrehen. Dabei öffnet sich die Peitschenhand (noch in gleicher Höhe). Sobald der rechte Fuß nach vorne zeigt wird auf die Ferse gewechselt und weiter in die gleiche Richtung gedreht. Dann wird das Gewicht in den rechten Fuß verlagert und die rechte Hand kommt zur rechten Leiste. Es erfolgt ein Schritt mit dem linken Fuß und nun wird der Körper nach rechts (zurück) gedreht wobei das Gewicht von hinten nach vor verlagert wird. Der linke, fast waagrechte Arm ist der ziehende, blockende Arm und der rechte (in einem Winkel von etwa 90° und die rechte Hand ist ein paar cm von der linken entfernt) ist der stoßende Arm (links Block, rechts Stoß).

2.) Richtung Nordwest: Das Gewicht zurückverlagern, linken Fuß stark eindrehen und wieder geht die rechte Hand mit der Handfläche nach oben in die rechte Leiste (fast wie bei einen Ball halten – jetzt linke Hand oben und rechte unten). Das Gewicht auf das linke Bein verlagern und mit dem rechten Bein einen weit ausholenden Schritt nach hinten bei einer Körperdrehung von 270° nach rechts ausführen. Dabei lässt man den rechten Arm zum Block aufsteigen und mit der linken Hand wird jetzt der Stoß ausgeführt (rechts Block, links Stoß).

3. Richtung Südwest: Das Gewicht wieder ganz zurück auf das linke Bein verlagern, die rechte Hand kommt wieder in die Leiste. Gewicht nach rechts linker kurzer Schritt, rechts auf der Ferse nachdrehen. Das Gewicht 70% nach vorne bringen und mit der linken Hand einen Block nach oben ausführen und mit der rechten Hand einen Stoß ausführen (links Block, rechts Stoß).

4. Richtung Südost: Das Gewicht ganz zurück auf den rechten Fuß verlagern und den linken Fuß stark eindrehen. Die rechte Hand in die Leiste und den rechten Fuß nach vorne drehen. Es erfolgt ein Step weit nach hinten. Der linke Fuß dereht nach und der Körper dreht. Dabei schwingt der rechte Arm hoch zum Block und gleichzeitig erfolgt der Stoß im rechten Winkel mit der linken Hand (rechts Block, links Stoß).

Dann folgt eine Wiederholung der Abwehr nach links:
Man setzt sich von beiden Händen zurück die linke Hand sinkt bis der linke Arm waagrecht vor die Brust kommt (die Handflächen zeigen zueinander) und im rechten Winkel dazu zeigt die Handfläche der rechten Hand (Arm vertikal) nach vor. Der rechte Arm klappt dann herunter bis sich die Mittelfinger treffen – rechts nachdrehen – Schritt mit dem linken Fuß, die Abwehr nach links.

Zum Abschluss 2 Videos von YouTube, die Variationen zu der von mir beschriebenen Figur zeigen. Die stoßende Hand liegt bei mir vor dem Stoß immer in Leiste, wobei die Handfläche nach oben zeigt und sie wird gleichzeitig mit dem Körper so gedreht, dass die Handfläche nach vorne kommt.
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=ApDsHDkhvnA[/youtube]

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=puOcEt-Nndk[/youtube]

Tai Chi Übung

Ich nehme mir vor, ab jetzt öfter einen kurzen Artikel zu den Übungen auf meiner Tai Chi Wiese zu schreiben, auch wenn es keine außergewöhnlichen Begebenheiten zu berichten gibt. So weiß ich später wenigstens, ob ich meinen Prinzipien treu geblieben bin, oder ob ich dem inneren Schweinehund unterlag.
Heute war ich von etwa 8 bis 9 Uhr bei wolkenlosem Himmel und Sonnenschein auf der Wiese und übte die Kurzform. Vorher ein paar einfache Qigong Übungen zum Aufwärmen und natürlich die obligaten 5 Übungen zum Loslassen des Körpers.
Bei der “schönen Frau am Webstuhl” habe ich gröbere Probleme mit der Choreographie festgestellt, die werde ich mir noch genauer ansehen müssen. Ist aber bestimmt kein Problem für mich, denn schöne Frauen sehe ich mir immer gerne genauer an. 😉

Lau K King Workshop

Da Lau K. King aus Malaysien, einer der Topschüler Meister Huang Xingxians, im September wieder ins Shambhala kommt, siehe Taijiprinzipien I habe ich ein wenig gestöbert bzw. “gegoogelt” und dabei eine nette Bilderserie gefunden. Ja, es ist wirklich amüsant, wenn man sieht, dass auch sehr erfahrene Taiji-Lehrer ab und zu abheben, siehe auch Vienna 07 KingTaichi workshop 😉

Bei dieser Gelegenheit muss ich mir auch gleich die Seite für das 10 Jahre Internationales Push Hands Treffen vom 13.- 21. Februar 2010 in Hannover, mit den vielen guten Videos notieren.

Taijiquan: Das Teilen der Füße links

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28) Fußkick mit dem linken Fuß oder teilen der Füße links
Mit “rechte Ferse aufsetzen” haben wir im Bild 27 geendet und auf dieser wird der rechte Fuß nun eingedreht. Es folgt eine Drehung des Körpers von NW nach SW. Der linke Fuß wird ausgedreht und das Gewicht kommt nach hinten wodurch die Arme steigen. Zu der folgenden Ausholbewegung mit dem rechten Arm, wird auf der linken Ferse zurück gedreht und dann, wenn das Handgelenk des rechten Arms auf das Handgelenk des linken Arms trifft (gekreuzte Hände, wie bei Figur 27, nur zeigt jetzt die Handfläche der rechten Hand vom Körper weg), ist das wieder mit einer Körperdrehung verbunden. Das Gewicht ist auf dem rechten Fuß. Der linke Fuß wird bei der folgenden Körperdrehung zurück auf der Zehenspitze mitgedreht und auch der rechte Arm rotiert, sodass beide Handflächen zum Körper zeigen. Endlich erfolgt die letzte Drehung, bei der die Hände wieder vor dem Kopf halbkreisförmig auseinander gezogen werden und sinken. Gleichzeitig hebt sich das linke Bein und es erfolgt der niedrige Kick unter dem linken Arm.
Der linke Fuß wird dann auf den Zehenspitzen abgesetzt und die Arme sinken weiter wobei die Handflächen zueinander gerichtet sind.

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