Archiv der Kategorie: Taijiquan

Mit dem Rücken schnell ausweichen

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19 Bewegungen, 38 Bewegungen und Laojia Yi Lu

23. Mit dem Rücken schnell ausweichen – shăn tōng bèi – flash the back
Vom Ende der “Schrägen Stellung” ausgehend öffnet sich die linke Peitschenhand und beide werden in einer schließenden Bewegung mit den Handflächen nach oben zeigend vor die Brust gebracht. Das Gewicht bleibt am linken vorderen Fuß. Vom Becken ausgehend erfolgt nun eine kleine Drehung nach links, die Arme und Hände folgen und dann eine Drehung nach rechts, wobei das Gewicht auf das hintere rechte Bein verlagert wird. Die Arme folgen, wobei der rechte Arm nach oben geht und der linke nach unten, sodass die linke Hand neben das linke Knie des unbelasteten Fußes, dessen Ferse angehoben wird, kommt. Beide Handflächen zeigen vom Körper weg. Der linke Arm wird mit einer Rotation vor dem Körper im Kreisbogen weiter geführt und kommt so links nach hinten während der rechte Arm vervollständigt die Kreisbewegung und kommt wieder nach unten vor den Körper.
Sinken, die Hüfte dreht etwas zurück nach rechts, wobei der linke Arm angewinkelt und mit Hackenhand an den Rücken angelegt wird und der rechte Arm stark gebeugt mit der Handfläche nach oben, nach hinten geht. Der Unterarm ist dabei fast waagrecht. Das Gewicht ist am hinteren rechten Fuß und der linke Fuß wird nach vor gebracht. Die linke Hand bleibt am Rücken und die rechte geht mit dem Gewicht nach vor. Dabei bleibt die Handfläche nach oben gerichtet und die Fingern zeigen geschlossen nach vorne.
Dann wird das Gewicht nach hinten verlagert, auf das rechte Bein und es erfolgt eine Drehung nach rechts, der der rechte Arm nach oben rotierend folgt. Gewichtsverlagerung nach links – Drehung nach rechts bei der das rechte Bein (Knie) angehoben wird und die Arme zusammen schwingen und gekreuzt vor die Brust kommen.
Das folgende Aufstampfen mit dem rechten Bein mit unmittelbarer Gewichtsverlagerung und einem Heben des linken Beins kann schon zu Figur 24 (Die Hand verdeckt Arm und Faust) gerechnet werden.

In der 19er Form wird vereinfacht nur der Rücken geschützt und in der 38er Form sieht diese Figur etwas anders aus:
Der erste Teil ist dort “Die weiße Schlange spuckt Gift”. Nach dem “Zurückweichen und mit den Ellbogen schlagen” steht man mit dem linken Fuß vorne, der linke Arm ist nach vor gerichtet und die Handfläche zeigt aufgestellt schräg nach vorne. Der rechte Arm ist stark gebeugt vor der Brust und das Gewicht am vorderen Bein. Leichte Rechtsdrehung, Gewichtsverlagerung nach hinten, das vorder Bein wird herangezogen (die Zehen schleifen dabei am Boden) und die rechte Hand kommt vor das Dantian mit der Handfläche nach oben gedreht.
Das linke Bein wird wieder nach vor gesetzt (Ferse) und die rechte Hand wird etwas zurück neben die rechten unteren Rippen gebracht. Mit der Gewichtsverlagerung nach vor wird die linke Hand weiter nach unten und dann hinten gebracht und die rechte sticht nach oben ansteigend nach vorne. Dann kommt es zum “Rücken schützen und schnell umdrehen”. Der Körper wird mit Gewichtsverlagerung auf das rechte Bein etwas nach rechts gedreht und auf der linken Ferse wird der linke Fuß möglichst weit nach innen (rechts) gedreht. Der rechte wird nach oben geführt und rotiert, sodass die Handfläche nach außen zeigt und der linke Arm rotiert und kommt nach vor, sodass die Handfläche nach oben zeigt.
Nun erfolgt eine schnelle Drehung um 180° mit Gewichtsverlagerung auf das hintere Bein. Durch eine Hüftdrehung wird in einem Bogen das rechte Bein nach hinten geführt, die Zehenspitze berührt dabei den Boden und ich der Endposition stampft die Ferse auf. Während der Drehung wird die rechte Hand noch etwas angehoben und dann nach unten, neben die Hüfte geführt und die linke zuerst nach oben, am Ohr vorbei nach vorne, wo sie vor dem Körper schützend mit der aufgestellten Handfläche nach vorne zeigt. Eine Stoßbewegung, die einem Wurf ähnelt.

Quellen und Links:
Old Frame Chen Family Taijiquan von Mark Chen
Tai-Ji-Quan Chen-Stil, Die 38er Form nach ChenXiaowang von Dietmar Grosch, Huaxiang Su
Chen. Lebendiges Taijiquan im klassischen Stil von Jan Silberstorff
Old Frame, First Form
Shu Jian
Perform

Tai Chi wird mir Dank Julia immer einfacher

Anfangs waren da bei mir viele spirituellen Träume und ein hoch komplexes Kampfkunstsystem – jetzt, kaum noch ein Muskelkater, kaum Spiritualität und die Figuren und Formen sind alle gleich. Ein paar Prinzipien und das war’s auch schon, wenn du sie täglich, jahrelang, ununterbrochen leben kannst.
So, wie fast alle Tiere, wobei mir meine geliebte Katze am nächsten ist. Sie lebt Taijiquan von ihrer Geburt und sie ist eine meiner besten Meisterinnen. Nicht weil sie ganz locker und lässig, elegant, entspannt 10 mal so hoch springt, als sie lang ist (das wäre bei Menschen höchstens ultramegasuperunmögliches Wushu, da sie einen anderen Schwerpunkt und Schwanz haben), sondern weil ich sie noch nie aus dem Zentrum gekommen gesehen habe. Das geht nicht bei ihr! Egal, ob du sie in die Luft schmeißt oder, ob sie sich in Luft auflösen muss. Wenn sie will, ist sie einfach weg; du siehst sie nicht, hörst sie nicht und du findest sie nicht. Wenn sie will, sitzt sie dann auf deinen Schoss, während du noch überlegst, wo sie sich wohl versteckt haben könnte. Für sie ist das so einfach, wie für Einstein E=mc² und für mich ist beides gleich genial. Leider nicht so einfach, wie für Einstein oder meine Katze, aber ich habe das Gefühl, dass es in die richtige Richtung geht, denn mein Weltbild und mein Verständnis der Dinge und des Lebens wird immer einfacher, genau so wie Taijiquan. Langsam bemerke ich ein paar Zusammenhänge und Verbindungen. Das verdanke ich allen, die ich kenne und ganz besonders meinen Taijiquan Lehrern und nicht zuletzt meiner Katze, Julia, die eigentlich meiner Tochter gehört. Schade, dass ich sie nicht mitnehmen kann auf meine Taijiquanwiese. Julia ist übrigens eine ganz gewöhnliche, aber irrsinnig liebe, brave Schmusehauskatze, wie man vielleicht auch am Foto sehen kann. Übrigens hat mir Julia noch ein Taijiprizip verrraten, dass ich noch nie in einem Buch, Video oder Vortrag erfahren habe: sauber bleiben! Äußerlich und innerlich sauber bleiben und sich pflegen, ohne einen Putzzwang oder Reinlichkeitstick zu bekommen.

Rückwärtsgehen und die Arme eindrehen

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19 Bewegungen, 38 Bewegungen und Laojia Yi Lu

Rückwärtsgehen und die Arme eindrehen – dào juăn gōng

Die linke Hände dreht sich mit der Handfläche nach außen, sodass die Fingern nicht mehr senkrecht nach oben zeigen. die linke Hand stößt gerade nach vor und der rechte Arm senkt sich, um in einer Rotation nach unten und hinten wieder nach oben neben das Ohr zu kommen. Der blick wird dabei leicht nach hinten gewendet und das Gewicht kommt ganz auf das rechte Bein. Der linke Arm sinkt nach unten und sobald die linke Hand mit der Handfläche nach unten am Knie vorbei kommt (der rechte steigt während dessen neben das Ohr bzw. Hals) steigt der linke Fuß zurück. Zuerst zum rechten heranziehen und dann (in einem Winkel von 25° NW) nach hinten.
Dann wird das Gewicht nach hinten verlagert und die Hüfte etwas nach links (hinten) gedreht. Der rechte Fuß wird dabei nach vorne ausgerichtet und die rechte Hand stößt nach vor, wenn schon etwas 70% des Gewichtes am linken Bein ist. Der linke Arm holt nun nach hinten aus (aus dem Augenwinkel nach links hinten sehen). Dann dreht die linke Hand, sodass die Handfläche nach oben zeigt und der Arm wird wird schließlich weiter geführt, bis die Hand etwa neben dem Hals ist. Gleichzeitig geht der rechte Arm nach unten und sobald die Hand am Knie vorbeikommt geht es weiter, wie oben für die linke Seite beschrieben.
Es erfolgen insgesamt 5 Schritte nach hinten.

In der Form mit 38 Bewegungen bleibt das Gewicht auf den vorderen Fuß während der Ausholbewegung (öffnen) und die vordere Hand wird ähnlich zum Rückwertsgehen im Yang Stil mehr in Übereinstimmung mit der hinteren Hand gedreht. Es werden meiner Ansicht nach andere Anwendungsmöglichkeiten betont. Bei letzteren (38er, Xinja und Yang Stil) wird eher eine Befreiung des vorderen (vom Gegner gefassten) Armes angedeutet, bei der Alten 1 und der 19er eher ein Stoß nach vorne und mit der anderen Hand die Abwehr eines Fußes, aber das Potential ist überall für alle genannten Anwendungen gleichermaßen vorhanden. Ist das Gewicht während der Ausholbewegung noch vorne kann schneller vom Zehenballen reagiert werden – ist es aber schon am hinteren Fuß wird höhere Stabilität erreicht, empfinde ich.

Quellen und Links:
Old Frame Chen Family Taijiquan von Mark Chen
Tai-Ji-Quan Chen-Stil, Die 38er Form nach ChenXiaowang von Dietmar Grosch, Huaxiang Su
Chen. Lebendiges Taijiquan im klassischen Stil von Jan Silberstorff
Old Frame, First Form
Shu Jian
Perform

Die Faust zeigt sich unter dem Ellbogen

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38 Bewegungen und Laojia Yi Lu

Die Faust zeigt sich unter dem Ellbogen – zhŏu dĭ kān quán (Fist Under Elbow)

Bei dieser einfachen Figur gibt es auch mehrere Versionen, aber ich möchte mich einfach an meine Quellen halten und zuerst die einfachste Variante beschreiben, so wie sie im alten Rahmen üblich und auf dem Video unten zu sehen ist.
In der Ausgangsposition nach dem Schieben mit beiden Händen sind die Hände vor dem Körper und mit den linken Zehenspitzen berührt man im leeren Schritt den Boden.
Es erfolgt nun ein Sinken und ein von der Hüfte ausgehendes öffnen mit dem rechten Arm nach vorne oben und dem linken Arm nach unten hinten. Die Arme setzen die Kreise einfach fort, sodass der linke Arm wieder nach oben und vor kommt und dabei der Unterarm vertikal vor dem Körper steht. die Handkante zeigt dabei nach vorne und der Daumen zum Körper. Der rechte Arm wird weiter geführt, bis die Hand unter dem Ellbogen zur Faust geschlossen wird. Dabei steigt das Gewicht und der Stand wird wieder etwas höher. In der Endposition kommt es wieder zu einem Sinken, wobei der Stand aber nicht mehr tiefer wird.

In der 38er Form ist der linke Arm in der Endposition nicht so stark abgewinkelt, sondern mehr nach vor gestreckt, aber die Finger zeigen ebenfalls nach oben und der linke Ellenbogen liegt im Tiegermaul der rechten Faust vor dem Körper.

Quellen und Links:
Old Frame Chen Family Taijiquan von Mark Chen
Tai-Ji-Quan Chen-Stil, Die 38er Form nach ChenXiaowang von Dietmar Grosch, Huaxiang Su
Chen. Lebendiges Taijiquan im klassischen Stil von Jan Silberstorff
Old Frame, First Form
Shu Jian
Perform

Sklaven der Gegenwart und push hands

Ich mache mir wieder einmal Gedanken über die Freiheit und unser Skalvendasein. Ich spreche hier nicht über Sklaven im ursprünglichen Sinn, sondern von Skalven des Systems, Skalven der Technik, Sklaven der Hormone, Skalven der Zeit und der Ideologien und Religionen. Sklaven der Politik, Skalven der Konsumwirtschaft und vor allem von Sklaven ihrer selbst. Ich befürchte, dass sich die meisten Menschen selbst versklaven statt sich zu emanzipieren und befreien und finde als Ausweg nur die Reduzierung im Sinne von Verzicht. Man/frau kann niemals alles erreichen im Leben was sie gerne ereichen möchten, aber wenn sie nichts mehr erreichen möchten, dann haben sie schon alles erreicht. Dort beginnt die Freiheit. Dort werden aus Skalven die gefährlich sind, weil sie sich von ihren Ketten befreien möchten, Menschen, die ungefährlich, also friedlich sind. Freie Menschen die dir nichts nehmen wollen und die dir nichts aufzwingen wollen. Menschen, die ohne jede Absicht und Hintergedanken mit dir kommunizieren können und dir ein Spiegel sein können, der nichts verzerrt.
Wenn jemand so ein freier Mensch sein möchte, dann würde ich ihn gerne kennen lernen und push hands (tui shou, klebende Hände) mit ihm üben.
Keine Absicht zu gewinnen und auch keine zu verlieren, sondern nur einfach erkennen wollen. Alles erkennen (wirklich erfassen) wollen, sich selbst in dieses Ganze eingebettet sehen und agieren und reagieren, wie es das große Ganze, also die Natur, die Gesetze der Welt und des Universums verlangen.
So großartig, unmöglich fast größenwahnsinnig wie das klingen mag, so einfach ist es meiner Meinung nach. Es ist unglaublich einfach, man muss sich nur von der Herrschaft des Großhirns und der Erinnerungen befreien können. Ich könnte statt der Formulierung oben auch schreiben: “nicht denken befreid von jeder Herrschaft”. Wenn jemand also wenigstens einmal für Minuten oder später auch Stunden nicht denken möchte, kann er sich gerne mit mir eine Zeit für push hands auf einer Praterwiese ausmachen. Stil, Formen und Routinen sind mir dabei übrigens völlig egal, solange es nicht so kompliziert wird, dass ich dabei denken muss.